Gutachter

Eltern protestieren gegen Zusammenarbeit - Gutachter bringen Justiz in Bedrängnis

18.07.2008 MÜNCHEN - Die Justiz in Bayern gerät wegen der Zusammenarbeit der Familiengerichte mit einer Münchner Gutachter-Firma unter Beschuss.

Empörte Eltern machten am Donnerstag in München mit zwei CSULandtagsabgeordneten Front gegen die Gesellschaft für wissenschaftliche Gerichts- und Rechtspsychologie (GWG), die an mehreren Gerichten den Markt für Sorgerechts-Gutachten dominiert. Die betroffenen Eltern warfen Gerichten und Jugendämtern vor, ihnen ihre Kinder auf Basis unseriöser Gutachten weggenommen zu haben. Der Abgeordnete Sepp Ranner warnte vor einer «Monopolstellung« der Firma zulasten der Kinder. GWG-Chef Joseph Salzgeber wies die Vorwürfe ebenso scharf zurück.

«Wenn so ein grausames Schicksal auf Menschen einprasselt und die Ehe zerbricht, darf es nicht passieren, dass sich Dritte schadlos halten und die Betroffenen finanziell ruinieren«, sagte Ranner.

Jedes Jahr scheitern in Deutschland über 200.000 Ehen. Am Ende steht häufig ein Krieg um die Kinder. Die Gutachter haben faktisch eine ungeheure Machtfülle, da ihre Papiere Grundlage der Gerichtsentscheidungen über das Schicksal von Kindern und Familien sind. Doch anders als bei Ärzten und Psychotherapeuten ist für Gutachter keine behördliche Approbation vorgeschrieben. Viele Anwälte klagen seit Jahren über Missstände.

Die Einzelschicksale sind kaum zu zählen: «Ich habe meine Tochter zum letzten Mal am 14. Juni 2007 gesehen«, sagte die Studienrätin Sonja Mang als eines der betroffenen Elternteile. «Ich wollte sie vom Kindergarten abholen und sie war nicht mehr da.« In den vergangenen dreizehn Monaten habe sie lediglich dreimal mit ihrem Kind telefonieren dürfen. Grundlage sei ein GWG-Gutachten gewesen.

Gutachter-Firma bei Gerichten beliebt.

Nach Angaben des Justizministeriums erstellt die Firma im Bereich des Amtsgerichts Passau 75 Prozent aller Gutachten, beim Familiengericht Ingolstadt sogar 90 Prozent. Viele andere Gerichte schalten die GWG ebenfalls sehr häufig ein. Die Gesellschaft streicht nach Angaben des Justizministeriums 40 Prozent der Gutachter-Honorare ein.

Initiator der Elterninitiative ist Michael Möhnle, Mitarbeiter des Umweltministeriums. «Die Eltern fühlen sich kriminalisiert, psychiatrisiert, die Kinder werden traumatisiert«, klagt er. Hinzu kommt der Faktor Geld: Das Scheitern einer Ehe führt oft zum Absturz in die Armut. Gibt es Streit um das Sorgerecht, schlagen GWG-Gutachter nach Darstellung Möhnles häufig eine zweite Stellungnahme eines weiteren GWG-Gutachters vor - mit entsprechenden Kosten.

Ein Sprecher des Justizministeriums dagegen betont: «Eine Umfrage bei den Gerichten hat ergeben, dass sie gerade deshalb Gutachter der GWG bestellen, weil sie gute Erfahrungen gemacht haben.« Die Preise der Gutachten seien gesetzlich festgelegt. «Wird der einzelne Gutachter mit der GWG abrechnet, darauf haben wir keinen Einfluss.« Alle Gutachter seien ausgebildete Psychologen. Bis zu fünfzehn Fachleute seien mit einzelnen Gutachten befasst. «Es gibt keine Institution, die kompetenter ist als wir.«

Quelle: www.nz-online.de Carsten Hoefer

Falsche Gutachtenund Schlechte Experten

Gegen Jugendamt und Richter - Eltern kämpfen um ihr Kind

Zwei Jahre lang dauerte der Kampf der Meuniers um ihre Tochter Nina. Vor Behörden, Gerichten und Gutachtern musste sich der Vater gegen den ungerechtfertigten Vorwurf des sexuellen Missbrauchs zur Wehr setzen. Schlamperei und Vorverurteilung führten dazu, dass Nina zwei Jahre von ihrer Familie getrennt war.

Am 30. August 2001 rief eine Mitarbeiterin des Kinderschutzbundes Saar Barbara Meunier an und sagte, ihre Tochter Nina komme nicht nach Hause. Es gehe um sexuellen Missbrauch. Nina habe sich der Mutter einer Schulfreundin anvertraut und das Jugendamt sei bereits informiert.

Harte Haltung des Jugendamtes

Ninas Vater, Andreas Meunier, ist Berufssoldat und zu diesem Zeitpunkt in Koblenz. Er fuhr sofort nach Hause, als seine Frau ihm von diesen schrecklichen Vorwürfen gegen ihn berichtete. Ihm war klar, dass es nicht nur um sein Kind ging, sondern auch um seine Existenz. Die ersten Tage, so sagt er, herrschte reine Verständnislosigkeit. Per Gerichtsentscheid erfuhren die Eltern dann eine Woche später: Ihre Tochter Nina war bereits bei Pflegeeltern untergebracht. Das Jugendamt hatte sie bis dahin nicht informiert. Barbara Meunier hielt von Anfang an zu ihrem Mann, wusste, dass die Vorwürfe nicht zutrafen.

Nina wollte zurück nach Hause zu Mama und Papa. Doch Jugendamt und Gericht hörten nicht auf sie, glaubten stattdessen blind der Mutter von Ninas Schulfreundin. Der habe die Achtjährige erzählt, ihr Papa fasse sie von hinten an. Ninas Eltern wurden zu diesen Vorwürfen nicht gehört. Bis heute, so Andreas Meunier, war kein Mitarbeiter des Jugendamtes bei ihnen.

Umgang unter Aufsicht

Die zuständige Mitarbeiterin des Jugendamtes verhindert jeden Kontakt zwischen Nina und ihrer Familie. Erst nach Anordnung des Richters dürfen Barbara Meunier und Sohn Matthias Nina sehen, bei der Caritas Saarlouis unter widrigsten Bedingungen. "Der Richter hatte eineinhalb Stunden Umgang pro Woche unter Aufsicht festgelegt und dass ich mit Nina überhaupt nicht über die Geschichte reden darf. Andreas hat in der Zeit seine Tochter überhaupt nicht gesehen. Und auf Dauer ist es schwierig, normale Gespräche in der kurzen Zeit zu führen", so Barbara Meunier.

Andreas Meunier, der Soldat und gelernte Pädagoge, wusste von Anfang an, dass es ein Wettlauf mit der Zeit war. Denn seine Tochter Nina hatte begonnen, sich von ihren Eltern zu entfremden. Vergeblich forderte er Jugendamt und Familienrichter auf, die Mutter von Ninas Schulfreundin endlich auf ihre Glaubwürdigkeit zu überprüfen.

Streit um Gutachten

Ein weiterer Schock für die Eltern: Der vom Familienrichter beauftragte Psychologe brauchte ein halbes Jahr. Sein Ergebnis: Nina hat die Wahrheit gesagt.

Doch das Gutachten war das Papier nicht wert, auf dem es stand. Die Staatsanwaltschaft in Saarbrücken lehnte es wegen fachlicher Mängel ab. Dennoch hielt der Familienrichter weiter an diesem Gutachten fest. Die Meuniers suchten verzweifelt Hilfe.

Andreas und Barbara Meuniers sind verzweifelt. Das Gutachten konnte aus ihrer Sicht nicht stimmen. Sie ließen es von zwei Experten prüfen. Diese kamen zu dem Schluss: Das Gutachten genüge nicht im Mindesten wissenschaftlichen Standards, noch dem, was der Bundesgerichtshof für Gutachten vorgegeben hat. Danach dauerte es noch einmal vier Monate, bis der Familienrichter ein weiteres Gutachten in Auftrag gab.

Dieses neuerliche, fundierte Gutachten kam schließlich zu dem Ergebnis: "Die belastenden Aussagen von Nina sind mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit eine Falschaussage, die mittels suggestiver Aufdeckarbeit bestätigt und verfestigt wurde."

Zurück zu den Eltern

Vor allem durch die Mutter von Ninas Schulfreundin. Dies findet auch ein Privatdetektiv heraus, den die Meuniers in ihrer Not und für viel Geld engagiert hatten. Die Frau hatte Nina monatelang manipuliert. Sie selbst war von ihrem Vater, ebenfalls ein Berufsoldat, sexuell missbraucht worden. Nachdem Nina beiläufig erzählt hatte, ihr Papa fasse sie an, war für sie die Sache klar. Der Familienrichter muss endlich einlenken, Nina darf zurück zu ihren Eltern.

Doch die Mitarbeiterin des Jugendamtes verschleppt die Rückführung des Kindes um weitere Monate. Erst nach zwei Jahren ist Nina endlich wieder zu Hause. Zwei Jahre, in denen nicht nur ihre Zukunft, sondern die der ganzen Familie auf dem Spiel stand. Für Nina ist heute unbegreiflich, was die Mutter ihrer Freundin mit ihr machte, dass sie solche Dinge sagte.

Weder der Familienrichter noch der Erstgutachter sind bereit, sich vor der Kamera zu äußern. Und beim Jugendamt heißt es bis heute lapidar, man habe sich keine Fehler vorzuwerfen.

Kritik am Jugendamt

Auch der oberste Dienstherr des Jugendamts, Landrat von Saarlouis, Dr. Peter Winter, übt sich in Ausweichmanövern. Erstmals ringt er sich jedoch öffentlich eine Kritik an seiner Mitarbeiterin ab: "Sie hätte wohl auch nachdem das Gutachten Stanislawski da war, klarer in der anderen Richtung vorgehen müssen. Der Meinung bin ich auch. Die Gutachterin hat offen gelegt, dass sie das nicht gemacht hat, und daraufhin ist sofort ein anderer Mitarbeiter mit der weiteren Bearbeitung des Falles beauftragt worden."

Massive Vorwürfe gegen das Jugendamt Saarlouis äußert der Sozialpädagoge Heribert Giebels. Er war Vermittler bei der Rückführung von Nina. Seine Kritik: "Ich werfe den Kollegen in Saarlouis vor, dass sie sich in keiner Weise bemüht haben, mit den Eltern ernsthaft zu kooperieren. Sie haben die Eltern vorverurteilt. Man hat sich nicht bemüht, Überlegungen anzustrengen, wie das Kind in die Familie zurückkehren könnte. Insofern hat das Jugendamt Saarlouis sich nach meinem Dafürhalten als Elternverfolgungsbehörde dargestellt."

Opfer von Schlamperei

Seit einem halben Jahr sind die Meuniers jetzt wieder komplett. Nina hat sich in kurzer Zeit wieder in die Familie integriert und ist froh, endlich wieder daheim zu sein. Das Ehepaar Meunier und ihre Tochter Nina wurden Opfer von Schlamperei und Vorverurteilung. Erst jetzt kann die gesamte Familie aufatmen und versuchen, den zweijährigen Albtraum hinter sich zu lassen .

Gütekriterien wissenschaftlicher Gutachten

Hilfe für Betroffene von familienpsychologischen Gutachten im Familienrecht 

Folgende Dokumente stehen im PDF Format als Download für Sie bereit.

Acht Standards für Familiengutachter - Vertrauensgrenzen des psychologischen Gutachtens im Familienrechtsverfahren

Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Klenner - Anmerkungen zum psychologischen Gutachten im Familienrechtsverfahren

Gutachter müssen haften -Neues BGH-Urteil über die Haftung von Sachverständigen

Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Klenner - Anmerkung zum so genannten Kindeswillen

Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Klenner - über die Wandlung des Kindes im Familienrechtsverfahren vom Rechtsobjekt als Verfügungsmasse zum Rechtssubjekt

"Gutachter" ernannt - Gefahr gebannt ? - Psychologische Sachverständige entscheiden für den Familienrichter, aber ...